Ärger mit getty images und den Waldorf-Anwälten wegen qmailadmin

Vorab der kleine Hinweis: Dies ist nur ein Erfahrungsbericht und stellt keine Rechtsberatung dar. Sollten Sie einen ähnlich gelagerten Fall haben, kontaktieren Sie unverzüglich einen spezialisierten Anwalt!

Im November 2008, genauer gesagt am 4. November 2008 erhielt ich ein Schreiben von getty images aus London, das angeblich bereits am 23. Oktober abgeschickt worden war, mit Fristsetzung von 21 Tagen ab Datum des Schreibens (also dem 13. November). Darin wurde mir vorgeworfen, ein über getty images im Alleinvertrieb befindliches Bild für Werbezwecke auf meiner Firmen-Webseite zu verwenden, obwohl ich dieses Bild nicht lizenziert hätte. Ich war natürlich zunächst ein wenig irritiert, weil ich auf meiner Seite eigentlich keine „geklauten“ Bilder verwende. In dem Schreiben von getty images war aber praktischerweise ein Screenshot der beanstandeten Internetseite abgebildet, sowie die Katalog-Nummer des besagten Bildes. Mit Verwunderung habe ich gesehen, dass es sich bei dem beanstandeten Bild offensichtlich um ein Design-Element des Login-Screens von qmailadmin handelte, welches Programm ich vorher auf meinem Mailserver installiert hatte, um es meinen Kunden zu ermöglichen, ihre Mailkonten selber zu verwalten. Ich habe natürlich mit einem Versehen gerechnet. Auf jeden Fall wollten die für die für bisherige Verwendung des Bildes 1000 Euro zzgl. 21% Irischer (!) Steuer haben. Also insgesamt 1210 Euro. Das ist schon recht suspekt, dass einem eine Firma aus London eine Forderung in bestem Deutsch schickt, sich dabei auf Deutsche Gesetze beruft und Irische Mehrwertsteuer fordert. Vielleicht sollte sich damit mal unsere Politik auseinandersetzen, dass augenscheinlich die deutsche Steuer umgangen werden soll, aber trotzdem von Deutschen Firmen und Staatsbürgern Geld gefordert werden soll. Zumal getty images in Deutschland eine Niederlassung unterhält. Aber das ist ja eh eine Krankheit bei US-Amerikanischen Unternehmen, dass sie ihre Europa-Aktivitäten am liebsten in Großbrittannien oder Irland versteuern.

Sicherheitshalber habe ich aber doch erst einmal einen Anwalt kontaktiert. Das kann ich jedem in Urheberrechtsstreitigkeiten auch nur sehr anraten. Und dann sollte man auf jeden Fall einen auf diesen Bereich spezialisierten Anwalt nehmen. In dem Bereich sind eigentlich gut gemeinte Telefongespräche oder Mails ganz schnell „genickbrechend“, weil Juristen teilweise Wörter und Aussagen anders interpretieren, als der gesunde Menschenverstand vermuten läßt. Ich  habe mich an Jochen Jüngst aus Hamburg gewendet, der mir dann erst einmal eine Unterlassungserklärung erstellt hat, die an getty images ging. Denn glücklicherweise kam das erste Schreiben von getty images und nicht als Abmahnung von deren berüchtigten Waldorf-Anwälten in Deutschland. Wichtig bei dieser vorsorglichen Unterlassungserklärung ist, dass man keine Schuld anerkennt und auch die Höhe der Vertragsstrafe nicht festlegt sondern die Höhe dieser Strafe dem billigen Ermessen von getty images unterstellt. Dadurch kann die Höhe der Strafe nämlich gerichtlich geprüft werden. Wenn man sich hier schon festlegt, dann fiele dies flach. Außerdem habe ich sofort das streitgegenständliche Bild entfernt. In dem Schreiben an getty images hat mein Anwalt außerdem darauf hingewiesen, dass ich dieses Bild zusammen mit der oben genannten Opensource-Software erhalten und installiert hatte, ich somit nicht vorsätzlich gehandelt habe.

Ich habe zwischenzeitlich noch einmal selber versucht, die Firma Inter7 (den Maintainer von qmailadmin) und den Urheber des besagten Bildes, Eric Pearle, anzuschreiben. Inter7 hüllt sich in penetrantes Schweigen und auch das Bild ist noch immer in dem Login-Dialog vorhanden. Dies kann man sogar auf der Beispielseite von Inter7 sehen. Lediglich ein Entwickler von qmailadmin aus der Schweiz (Gabriel Ambühl) hat kurz dazu Stellung genommen. Der war allerdings auch der Meinung, dass das besagte Bild von Inter7 in das Softwarepaket eingebracht wurde. Eric Pearle war nicht so zugeknöpft, wie Inter7. Auf jeden Fall hat er mir bestätigt, Urheber des besagten Bildes zu sein und auch, dass er das Bild über getty images verwertet.

Am 12. November bekam mein Anwalt dann von getty images eine E-Mail, in der zwar das Entfernen des Bildes begrüßt wird, jedoch weiterhin die Forderung aufrechterhalten wurde. Allerdings wurde die Forderung auf einmal „aus Kulanz“  um 20% auf somit 800 Euro netto (968 inkl. MwSt.) reduziert, sofern ich bis zum 26.11. zahle und ich dieses wundervolle Angebot vertraulich behandle. Selbstverständlich habe ich nichts bezahlt und mein Anwalt hat auch noch einmal getty images mitgeteilt, dass ich das nicht vorhätte. Daraufhin erhielt mein Anwalt noch einmal am 3. Dezember eine Mail von getty, mit einer erneuten Zahlungsfrist zum 17.12. und der Drohung, dass die Sache an deren „Anwalt in München weitergeleitet wird, der sich auf Urheberrechtsverletzungen insbesondere im Internet spezialisiert hat“. Wenn das mal keine klassische Drohgebärde ist, die einen enschüchtern soll… Gemeint waren natürlich die Waldorf-Anwälte.

Danach war erst einmal sehr lange Sendepause. Am 15. März 2010 erhielt mein Anwalt dann Post der Waldorf-Anwälte mit ellenlangen rechtlichen Ausführungen und der Aufforderung, bis zum 4. April 2010, 14:00 Uhr Auskunft darüber zu erteilen, ab wann und wie lange ich das Bild genutzt habe. Dafür haben die dann auch gleich ein Formblatt beigefügt. Natürlich haben wir nicht auf dem Formblatt geantwortet sondern einmal kurz die Google-Bildersuche bemüht und qmailadmin eingegeben. Von den hunderten Seiten, die dieses Bild ebenfalls verwenden, haben die Waldorf-Anwälte dann ein PDF bekommen, das die ersten paar Seiten enhielt. Außerdem haben die noch ein Linkliste erhalten, mit Seiten aus denen hervorgeht, dass dieses Bild aus diesem Softwarepaket stammt und auch noch immer weltweit verwendet wird (siehe unten). Ich lade diese PDF-Dateien hier nicht hoch, um zu verhindern, dass ich erneut wegen einer unlizenzierten Verwendung des Bildes belangt werde. Außerdem haben wir denen mitgeteilt, dass das Bild über einen Zeitraum von ca. vier Wochen verwendet wurde.

Von der massenweisen Verwendung des Bildes offensichtlich beeindruckt, boten mir die Waldorf-Anwälten nach weiteren ellenlangen juristischen Äußerungen an, die Sache mit einer Zahlung von 109 Euro abzuschließen. Diese 109 Euro sollten sich wie folgt zusammensetzen: 35 Euro Lizenzgebühren + 100%=35 Euro Strafe sowie 39 Euro Anwaltsgebühren der Waldorf-Anwälte. Dieses Angebot habe ich dann auch angenommen und den Betrag am vergangenen Mittwoch überwiesen.

Was bleibt bei mir von dieser Geschichte hängen? Ich werde mit Sicherheit niemals ein Bild bei getty images lizenzieren. Sondern immer zusehen, dass ich Bilder entweder selber mache oder aber bei anderen Agenturen lizenziere. Auch werde ich das nicht für Kunden machen. Getty ist für mich gestorben. Und damit auch alle Fotographen, die über getty images vertreiben. Dazu trägt auch bei, dass man bei getty images offenbar zunächst durch Einschüchterungen versucht hat, einen viel zu hohen Betrag zu fordern, um dann wie auf einem Basar die Forderung Stück für Stück zu senken, bis sie dann auf einem sinnvollen Rahmen angelangt war. Aber so eine Maschinerie läßt sich wohl lukrativer betreiben, wenn man pro Fall 1000 Euro statt 70 Euro bekommt. Ich kann nur hoffen, dass deutsche Gerichte, die sich in Zukunft eventuell mit solchen Streitigkeiten beschäftigen müssen, als Streitwert nicht die von getty images geforderten Mondpreise zugrunde legen, sondern die in diesem Fall von getty dann letztendlich kassierten normalen Lizenzgebühren zzgl. eines Zuschlages von 100%. Ich kann jedem betroffenen nur empfehlen, mit Hilfe eines Anwaltes darauf zu bestehen.

Als letzter Punkt bleibt noch zu erwähnen: Ich gehöre nicht zu den Menschen, die meinen, dass Photographen ihre Bilder verschenken oder nur einmal von dem Verkauf profitieren sollen. Das Lizenzgeschäft hat seine Berechtigung. Auch ich lebe als Entwickler von Software von solchen Konstrukten. Aber ein solches „Wild-West-Gebahren“ von getty images ist meiner Meinung nach einfach unter aller Sau. Getreu dem Motto: „Erst mal gucken, was rauszuholen ist, und Maximalforderungen stellen“.

Linkliste zur Verwendung des Bildes AB09587, E-Mail concept, Collection Taxi

http://www.inter7.com/index.php?page=qmailadmin
http://mail.inter7.com/cgi-bin/qmailadmin

http://freshmeat.net/projects/qmailadmin/
http://www.qmailrocks.org/qmailadmin.htm
http://zipline.limelyte.net/qmailadmin/images/help/email_user/qmailadmin.html
http://sourceforge.net/projects/qmailadmin/files/

http://directory.fsf.org/project/qmailadmin/
http://help.ovh.ie/QmailAdmin

Hier noch ein paar weitere Informtionen zum Thema getty images und Abmahnwelle:

http://www.abmahnwelle.info/
http://www.spiegel.de/netzwelt/web/0,1518,547234,00.html

Autor:
Datum: Montag, 19. April 2010 21:07
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